Ordensgemeinschaft
Immer mehr Menschen suchen nach Orientierung, nach positiven Vorbildern und nach dem Sinn in ihrem Leben. Viele Frauen haben dies und mehr in unserer Ordensgemeinschaft gefunden – schon seit 1844.
Entstehung und Entwicklung
Der Ursprung der Ordensgemeinschaft liegt in Deutschlands Nordwesten, in Telgte bei Münster. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war in den ländlichen Regionen die Armut groß und die Krankenversorgung schlecht, vor allem auf abgelegenen Dörfern und Bauernhöfen. Diese Not nicht nur zu sehen, sondern persönlich Verantwortung zu übernehmen und aktiv etwas dagegen zu tun: Das war das Ziel des Franziskaners Christopher Bernsmeyer, der als Geistlicher in Telgte tätig war, und einiger jungen Frauen, die bereit waren, ihr Leben in den Dienst Gottes und der Kranken zu stellen.
So gründete Pater Christopher Bernsmeyer am 2. Juli 1844 mit vier Novizinnen die „Kongregation der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des Heiligen Franziskus“. Der neue Orden verband die franziskanische Lebensweise mit dem ambulanten Krankendienst, was damals sehr besonders und innovativ war: Wenn zum Beispiel eine Bauernfamilie in Not geriet, weil die Mutter krank oder gestorben war, lebten und arbeiteten die Ordensschwestern mit auf dem Hof, statt täglich in ihr Kloster zurückzukehren.
?!Der historische Name des Ordens ist so lang, weil darin viele wichtige Informationen untergebracht wurden: Die Schwestern gehören einer Ordensgemeinschaft (=Kongregation) an, die speziell für die Krankenpflege gegründet wurde. „Reguliert“ bedeutet, dass es eine Ordensregel gibt. Viele Orden stehen in der Nachfolge des Hl. Franziskus von Assisi. Als „ersten Orden“ bezeichnet man die Männerorden, die sich auf Franziskus berufen; die „zweiten Orden“ geht auf die Hl. Klara zurück und die „Dritten Orden“ ursprünglich auf die Laienbewegung, aus der die Franziskusbrüder und die Ordensgemeinschaften der Franziskanerinnen entstanden sind.
Die Franziskanerinnen schlossen eine große Lücke in der Krankenversorgung und beeindruckten durch ihren vorbildlichen persönlichen Einsatz so sehr, dass sich ihnen bald weitere Frauen anschlossen. So wuchs die Ordensgemeinschaft schnell und konnte bereits 1848 ein erstes Krankenhaus in Telgte gründen; viele weitere Gründungen von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sollten folgen. Parallel wurde 1853 das Mutterhaus des Ordens nach Münster St. Mauritz verlegt, sodass die Schwestern regional als „Mauritzer Franziskanerinnen“ bekannt wurden.
Von Münster aus engagierten sich die Ordensfrauen weltweit für Menschen in Not. Sie riskierten ihr Leben als Krankenschwestern in Kriegslazaretten und Seuchengebieten und gründeten Standorte in Polen und in USA, in Japan und Indien, die heute noch bestehen. Zeitweise wirkten sie auch in den Niederlanden, wo ein eigenes Ausbildungshaus bestand, sowie in China, Tschechien, Haiti, Tansania und in den US-Bundesstaaten New Mexico und Arizona. Zwischen 1930 und 1960 standen in der internationalen franziskanischen Frauengemeinschaft etwa 3.500 Schwestern im Dienst der Kranken und Hilfsbedürftigen.
Dieses Engagement setzt sich heute fort, auch wenn die Mitgliederzahlen im Orden insgesamt rückläufig sind: In Deutschland und in USA entscheiden sich nur noch wenige junge Frauen für ein Ordensleben; mehr sind es in den Provinzen in Polen, Japan und Indien. Daher werden die Werke und die Werte der Schwestern inzwischen von vielen zivilen Mitarbeitenden mitgetragen und weitergeführt.
Aufgaben
Gemäß des Gründungsauftrags, hilfreiche Antworten auf die jeweilige Not der Zeit zu finden, haben sich die Aufgabenbereiche der Ordensgemeinschaft kontinuierlich weiterentwickelt und erweitert. Neben der Pflege von Kranken und Bedürftigen kommt heute der Bildung ein wichtiger Stellenwert zu: Die Ordensfrauen engagieren sich sowohl in der Pflege-Ausbildung als auch in der Gesundheitsaufklärung und der Schulbildung, sowohl pädagogisch als auch durch den Bau neuer Schulen.
Außerdem unterstützt die Ordensgemeinschaft medizinische und soziale Projekte und setzt sich für die Gleichstellung und den Schutz von Frauen ein – letzteres vor allem in Indien.
?!Frauen in Leitungspositionen? Natürlich! Das gab es in Frauenorden schon immer und ist auch in den Einrichtungen selbstverständlich, die von den Franziskanerinnen gegründet wurden. Nicht nur die Pflege der Patientinnen und Patienten lag vollständig in der Hand der Schwestern, sondern auch die Gesamtleitung der Stationen und der Häuser. Die Ordensfrauen konnten sich also beruflich viel freier verwirklichen als die Frauen außerhalb des Klosters: In Deutschland beispielsweise wurden verheiratete Frauen erst nach 1969 als geschäftsfähig angesehen, und bis 1977 mussten sie ihre Männer um Erlaubnis fragen, wenn sie arbeiten gehen wollten. Zu der Zeit leitete Schwester Ambrosina das St. Franziskus-Hospital in Münster mit mehreren hundert Schwestern und zivilen Beschäftigten.
In den europäischen Standorten gehen immer mehr Anfragen von Menschen ein, die nach spiritueller Orientierung und einem Sinn in ihrem Leben suchen. Die Schwestern laden diese Suchenden zum Mitleben im Kloster ein und bieten ihnen Ruhe, Freiraum und individuelle Begleitung.
Auch die Versorgung der Ordensfrauen in Alter und Krankheit gehört zu den wichtigen Aufgaben der Ordensgemeinschaft. Denn die Ordensgelübde sind ein Versprechen von beiden Seiten: In den „Ewigen Gelübden“ versprechen die Schwestern, ihr Leben und ihre Arbeitskraft in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen, und erhalten umgekehrt die Zusage, auch nach ihrem aktiven Einsatz von der Gemeinschaft getragen zu werden. Eine Franziskanerin muss nicht fürchten, im Alter alleine zu sein; sie weiß, dass sie bis an ihr Lebensende geachtet und umsorgt wird.
Ausbildung
Alle Frauen, die sich für ein Leben in der franziskanischen Ordensgemeinschaft interessieren, durchlaufen eine mindestens sechsjährige, mehrstufige Ordensausbildung, die so genannte „Formation“: vom Postulat übers Noviziat bis zu den „Zeitlichen Gelübten“ (Juniorat) und schließlich den „Ewigen Gelübden“.
Es ist eine Zeit der spirituellen und praktischen Vorbereitung auf das Ordensleben, aber auch eine Zeit des Kennenlernens und der gegenseitigen Prüfung: Ist sich die Kandidatin wirklich sicher, dass sie ihr Leben in den Dienst Gottes und der Hilfsbedürftigen stellen will? Und kann die Ordensgemeinschaft erkennen, dass die Kandidatin für das Leben in dieser Gemeinschaft berufen und für die Herausforderungen und Aufgaben in des Ordenslebens geeignet ist?
Für die Abläufe und Inhalte dieser Ordensausbildung gilt ein internationaler Standard, der in den Generaldirektiven der Ordensgemeinschaft definiert ist und fortlaufend aktualisiert wird.
Wer mit Franziskus sagt: „Das ist es, was ich will, das ist es, was ich suche, das verlange ich aus innerstem Herzen zu tun“, und sich müht, nach diesem Wort zu leben, zeigt die Berufung zum franziskanischen Leben und dem heilenden Dienst in unserer Gemeinschaft.
Generalkonstitutionen, 73
Parallel zur Ordensausbildung erhalten alle Schwestern mindestens eine Berufsausbildung, die sie für den aktiven Dienst an ihrem jeweiligen Einsatzort qualifiziert. Traditionell durchliefen alle „Mauritzer Franziskanerinnen“ zuerst die Ausbildung zur Krankenschwester, bevor sich weitere Spezialisierungen oder Studiengänge anschlossen.
Viele Franziskanerinnen arbeiten in der Pflege von Kranken, Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderungen sowie in der Seelsorge. Darüber hinaus gibt es z.B. studierte Ärztinnen, Lehrerinnen und Juristinnen. Auch wenn die Schwestern Leitungsfunktionen in ihren jeweiligen Berufen oder innerhalb des Ordens übernehmen, werden sie durch entsprechende Fortbildungen (z.B. „Pflegedienstleitung“) oder Studien (z.B. „Internationales Management“) auf ihre Aufgaben vorbereitet. Weltweite Einsätze in anderen Provinzen werden durch Sprachkurse vorbereitet. Grundsätzlich lebt die Ordensgemeinschaft das Prinzip des lebenslangen Lernens.
Wir haben die Verantwortung, unsere Anlagen so zu entwickeln, dass unser Zeugnis wirksam und fruchtbar wird. Dazu gehört, sich ein Leben lang spirituell, geistig, persönlich und beruflich weiterzubilden.
Generalkonstitutionen, 67
Franziskanische Tradition
Der Heilige Franziskus von Assisi setzte sich Anfang des 13. Jahrhunderts für Frieden, Gerechtigkeit und den Erhalt der Schöpfung ein. Als „Bettelmönch“ praktizierte und predigte er Bescheidenheit und Nächstenliebe und widmete sich der Pflege von Kranken und Ausgestoßenen.
Diese Werte des Hl. Franziskus, nach denen wir unser Leben seit der Ordensgründung im Jahr 1844 ausrichten, sind heute aktueller denn je und prägen unser internationales Leitbild:
Wir sind Mitglieder einer internationalen, multikulturellen Kongregation von Franziskanerinnen. Wir haben uns verpflichtet, das Evangelium im Geist des hl. Franziskus von Assisi, unseres Gründers Pater Christoph Bernsmeyer OFM, unserer ersten Schwestern und aller, die ihnen nachfolgen, zu leben. Wir sind dem gemeinsamen Auftrag verpflichtet, Christi heilende Gegenwart der Menschheit zu bringen und kreative Wege als Antwort auf Menschen in Krankheit, Armut und Not zu unterstützen. Wir geben Zeugnis von unserer franziskanischen Spiritualität, indem wir der ganzen Schöpfung Ehrfurcht entgegenbringen, Frieden und Gerechtigkeit leben und fördern und die Würde aller Menschen respektieren. Wir haben uns verpflichtet zu einem einfachen Lebensstil in Gemeinschaft. Wir fühlen uns herausgefordert durch die Werte des Regulierten Dritten Ordens: Umkehr, Kontemplation, Armut, Demut.
Lebensgeschichten
Der Eintritt in eine Ordensgemeinschaft ist eine Lebensentscheidung, bei der die Berufung eine wichtige Rolle spielt. Hier können Sie erfahren, wie das Leben unserer Schwestern geprägt wurde und wie es sich in Christus erfüllt: