Pilgerinnen der Hoffnung (2): Demokratie

Die Reihe „Pilgerinnen der Hoffnung“ ist ein monatlich erscheinender geistlicher Beitrag zum Heiligen Jahr – eine Kooperation des internationalen Generalats der Mauritzer Franziskanerinnen und der Kirchenzeitung „Kirche und Leben“. Unser Thema im Februar: Demokratie.

Dieser Artikel wurde im Februar 2025 in „Kirche+Leben“ veröffentlicht.

23.02.2025. Demokratie ist aktuell ein heiß diskutiertes Thema – und ein sehr komplexes. Greifbar wird es für mich, wenn ich frage: Was würde mir eigentlich fehlen – ohne Demokratie? Was würde uns allen fehlen – ohne unser Grundgesetz? Zum Beispiel ohne den Artikel 4, der uns Glaubens- und Gewissensfreiheit zusichert und ausführt: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“

Die Geschichte unserer internationalen Ordensgemeinschaft bietet viele Antworten auf diese Fragen. Angefangen bei unserem Gründer, Franziskanerpater Christoph Bernsmeyer. Als die Truppen Napoleons 1811 Münster besetzten, hoben sie das Franziskanerkloster auf. Das bedeutete für Pater Christoph, keine Heimat und keine brüderliche Gemeinschaft mehr zu haben. Eine neue Heimat fand er schließlich in Telgte, wo er 1844 unsere Ordensgemeinschaft gründete.

Für die Mauritzer Franziskanerinnen spielte die Politik auch weiterhin eine große Rolle. So wütete vor 150 Jahren der Kulturkampf in Preußen. Die 1875 erlassenen Klostergesetze bedrohten die Existenz der Ordensgemeinschaften, auch unserer in Münster. Daher war unsere damalige Oberin offen für die Bitte von Bischof Baltes aus Alton im US-Bundesstaat Illinois, Schwestern für die Krankenpflege nach Amerika zu senden. Im Oktober 1875 machten sich 20 unserer Schwestern von Münster aus mutig auf den Weg – ohne Kenntnis der englischen Sprache oder der amerikanischen Kultur, aber mit großer Hoffnung auf die Demokratie, auf ein freies Leben als Ordensschwestern im Dienst Gottes und der Menschen. Diese Hoffnung ging auf: Kurz nach ihrer Ankunft gründeten sie vier Krankenhäuser und die erste katholische Krankenpflegeschule der Vereinigten Staaten; viele weitere Gesundheitseinrichtungen folgten. Dieses Jahr feiern wir unsere 150-jährige Präsenz in USA gemeinsam mit fast 13 tausend Mitarbeitenden in 13 Krankenhäusern, die etwa zwei Millionen Menschen jährlich versorgen. Dafür danken wir Gott, unseren Schwestern – und der Demokratie.

Mauritzer Franziskanerinnen auf der Schiffsreise nach USA (Foto: Amerikanisches Ordensarchiv)

Politische Verfolgung gab es auch in unserer Polnischen Provinz. Bereits 1848 gingen einige Mauritzer Franziskanerinnen ins damalige Schlesien, um die Opfer einer Typhus-Epidemie zu versorgen. Sie blieben, bauten ein Waisenhaus und Krankenhäuser, gründeten eine eigene Ordensprovinz. Doch nach dem 2. Weltkrieg beschlagnahmten die kommunistischen Machthaber die Krankenhäuser und vertrieben die Schwestern. Viele Mitglieder anderer Orden wurden damals in Arbeitslager geschafft; ein schlimmes Schicksal, dem die Mauritzer Franziskanerinnen nur entgingen, weil die damalige Provinzoberin niederländische Staatsbürgerin war und das Mutterhaus unter den Schutz der niederländischen Königin stellte. Trotzdem war das religiöse Leben hinter dem „Eisernen Vorhang“ extrem hart, und die Generaloberinnen aus Münster hatten 35 Jahre lang keine Möglichkeit, ins schlesisch-polnische Provinzhaus zu reisen.

Heute, im demokratischen Europa, arbeiten zwei polnische Schwestern in der internationalen Generalleitung in Münster. Auch zwei Schwestern aus Indien, mit 1,4 Milliarden Menschen der zahlenmäßig größten Demokratie der Welt. Die indische Verfassung garantiert Gleichheit vor dem Gesetz und Nicht-Diskriminierung aufgrund von Religion, Kaste, Geschlecht und Herkunft. Laut „Open Doors“ steht Indien jedoch auf dem Weltverfolgungsindex an zehnter Stelle und hat damit Nordkorea überholt. Hierin zeigt sich, dass der Kern einer gesunden Demokratie nicht nur in ihren institutionellen Strukturen liegt, sondern auch im zwischenmenschlichen Umgang und der Fähigkeit, Vielfalt, Interkulturalität und Differenzen zu schätzen.

Demokratische Wahlen während des Internationalen Generalkapitels 2024 in Münster. (Foto: Kestin)

Dies erleben wir auch in unserer eigenen Gemeinschaft, die demokratisch strukturiert ist: Sowohl die Provinzleitungen als auch die internationale Generalleitung werden von den Ordensmitgliedern für eine begrenzte Amtszeit gewählt. Zuletzt im Generalkapitel im September 2024, als Delegierte aus allen Ländern, in denen unsere Schwestern leben und arbeiten, in Münster zusammenkamen.

Demokratie ist unsere Verantwortung!

Demokratie ist unsere Verantwortung! Unsere Freiheit lebt davon, dass wir uns für sie einsetzen, sowohl privat als auch in Kirche und Gesellschaft. Deshalb beteiligen wir Mauritzer Franziskanerinnen uns an der Demokratiekampagne des Bistums Münster. Und deshalb werden wir am 23. Februar wählen gehen.

Wir hoffen sehr, dass wir Sie an der Wahlurne treffen. Denn bestimmt gibt es auch etwas, das Ihnen fehlen würde – ohne unsere Demokratie.

Von Schwester M. Margarete Ulager und Claudia Berghorn

Die Mauritzer Franziskanerinnen beteiligten sich auch an der Demokratikampagne des Bistums Münster, „Lebe Freiheit!“. Mit Vertreterinnen und Vertretern der St. Franziskus-Stiftung brachte Generalrätin Schwester M. Hiltrud Vacker am 7. Februar das Kampagnenlogo auf dem Bauzaun der neu entstehenden Franziskus-Gesundheitsakademie auf.

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