Pilgerinnen der Hoffnung (3): Heilung

Die Reihe „Pilgerinnen der Hoffnung“ ist ein monatlich erscheinender geistlicher Beitrag zum Heiligen Jahr – eine Kooperation des internationalen Generalats der Mauritzer Franziskanerinnen und der Kirchenzeitung „Kirche und Leben“. Unser Thema im März: Heilung.

Dieser Artikel wurde im März 2025 in „Kirche+Leben“ veröffentlicht.

30.03.2025. Fasten liegt im Trend, wie eine aktuelle Umfrage der Krankenkasse DAK belegt: Während 2013 rund 50 Prozent der Deutschen bereit waren, für ihre Gesundheit eine Zeit lang auf Alkohol, Süßigkeiten oder Zigaretten zu verzichten, sind es heute im Schnitt schon 72 Prozent.

Bewusster Verzicht mit heilendem Effekt: Diesen positiven Aspekt unserer vorösterlichen Fastenzeit müssen wir also kaum noch erklären. Aber welche religiösen Aspekte kommen für uns dazu, die ebenfalls heilsam sein können?

Ganz persönlich schätze ich die Fastenzeit als Chance für einen inneren Prozess, der mit einer achtsamen Bestandsaufnahme beginnt. Es ist mir wichtig, inne zu halten und mein Herz zu befragen: Wie lebe ich jetzt und hier mit Gott und mit den Menschen? Gibt es vielleicht etwas, das es zu heilen gilt? – Eine Bestandsaufnahme, die eine innere und äußere Neuausrichtung zur Folge haben kann.

Dieser Prozess der Neuausrichtung, der mich in der Fastenzeit begleitet, durchzieht auch die Geschichte der Mauritzer Franziskanerinnen, gegründet 1844 als Krankenpflege-Orden – damals eine konkrete Antwort auf soziale Not und den Mangel an Krankenversorgung. Seither entwickelten sich neben der Krankenpflege zusätzliche Arbeitsbereiche, weil die Schwestern immer achtsam auf die Zeichen der Zeit reagierten und Gott und ihr Herz befragten. So gibt es heute in unserer internationalen Ordensgemeinschaft z.B. auch Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Seelsorgerinnen, Sozialarbeiterinnen, Ärztinnen und Juristinnen.

Was all diese Tätigkeiten vereint, ist die innere Haltung, in der Nachfolge des Hl. Franziskus „Christi heilende Gegenwart zu den Menschen zu bringen“. So heißt es in unserem Mission Statement. Anders formuliert, ist es unser Ziel, die Liebe Gottes zu den Menschen zu bringen – und zwar so, wie die Menschen es gerade brauchen. Das bedeutet eben auch, dass wir immer bereit sind, uns weiter zu entwickeln – insgesamt als Ordensgemeinschaft, aber auch jede einzelne von uns persönlich.

Das kann eine riesige Herausforderung sein. So zum Beispiel bei Schwester M. Gerburg Aufderheide, die 1974 nach Indien ging und dort den ersten Konvent mitbegründet hat. Schwester Gerburg, geboren 1935 in Ennigerloh, hatte als junges Mädchen traditionell Hauswirtschaft gelernt, dann wurde sie Kindergärtnerin und lernte nach ihrem Ordenseintritt die Krankenpflege.

Auf diese Qualifikationen konnte sie in Indien beim Aufbau einer medizinisch-pflegerischen Anlaufstelle zurückgreifen. Nicht gerechnet hatte sie damit, dass man ihr Kinder brachte – Säuglinge und Kleinkinder, die auf dem Müll gefunden wurden oder auf Bahngleisen, weil niemand sie haben wollte. Schwester Gerburg nahm diese Kinder auf und zog sie groß, sorgte später für ihre Schulbildung und inzwischen auch für entsprechende Ehepartner – Aufgaben, die traditionell den Eltern zugekommen wären. 27 Mädchen und Jungen hat sie auf diese Weise vor dem sicheren Tod gerettet.

Schwester M. Gerburg Aufderheide in Pithora/ Indien mit den von ihr geretteten und aufgezogenen Kindern

Parallel legte Schwester Gerburg den Grundstein für die Indische Provinz, beginnend 1979 mit vier indischen Kandidatinnen. Sie leistete weiter Krankenpflege und war gleichzeitig Haushälterin, Fahrerin und Handwerkerin in der jungen Gemeinschaft. Die Verständigung in Englisch und Hindi war mühsam, das Klima fremd, die Krankheitsbilder auch. „Zum Glück mochte ich die Hitze von Anfang an“, sagt Schwester Gerburg, die im Herbst 90 Jahre alt wird, „aber wie man Schlangenbisse versorgt, musste ich erst lernen.“

Schwester Gerburg (Mitte) in Münster mit Schwestern aus der Indischen Provinz anlässlich ihres 65. Profess-Jubiläums 2023 (Foto: Kestin)

Heute wirken in unserer Indischen Provinz fast 100 Schwestern in 17 Konventen in sieben Bundesländern, und gerade wurde ein Krankenhaus genau an dem Ort eröffnet, wo Schwester Gerburg vor mehr als 50 Jahren ihr Wirken begann. Das Vorbild von Schwester Gerburg zeigt mir, wie viel jede und jeder Einzelne von uns bewegen kann, wenn unser Herz offen dafür ist, im Kontakt mit den Menschen ein Werkzeug der Liebe Gottes zu sein – immer wieder neu, immer wieder anders. Auch wenn es vielleicht nicht die Schlangenbisse sind, die wir zu heilen haben, sondern unsere Beziehung zu Gott und den Menschen um uns herum.

Von Schwester M. Hiltrud Vacker und Claudia Berghorn

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